Mittwoch, 23. Oktober 2013

Weil mehr einfach besser ist!

Ich hab genug. Genug von sanfter Zärtlichkeit die meine Haut nur wie ein Hauch berührt. Genug von mildem Nieselregen, der die Luft noch dicker und feuchter macht. Ich will keine zarten Pastelltöne mehr sehen, die den Blick nur streifen und nach kurzer Zeit schon vergessen sind. Ich hab die Nase voll davon Kompromisse zu schließen und mittelscharfen Senf zu essen. 

Ein Gläschen Wein zum Essen, dezentes Make-Up bei der Arbeit, bloß kein roter Lippenstift, Dauerbeschallung durch Popsternchen mit Justin Bieber Frisur und vielleicht noch eine E-Zigarette? Nein, all das will ich nicht mehr. Schluss damit. 

Mäßigung der Maßlosigkeit. Wer hat sich denn den Quatsch ausgedacht und vor allem wer kann denn so wirklich glücklich werden? Ein Leben auf der Mittelspur, Kataloggrößen, Halbfettmargarine und Mittagsbuffet, so ist man vielleicht zufrieden, aber glücklich? 

Ich habe mir heute extra scharfe Peperonis gekauft. Saure Gummibärchen, bei deren Anblick es mir bereits auf der Zunge kribbelt und mir das Gesicht verzieht. Dazu will ich meine Musik lautstark, so dass sie meine Seele berührt und mich zum Weinen bringt. Ob Freudentränen oder bittersüße Traurigkeit – ich will sie ganz tief in mir spüren, so dass sie mir nicht nur im Vorbeiziehen ins Ohr säuselt, sondern ich die Füße nicht mehr still halten kann. 

Ich will erfrischende Begeisterung, Menschen die hinter ihren Entscheidungen stehen und für diese kämpfen. Ich will auf den Tisch hauen und meine Stimme beben lassen und mich nicht zusammenreißen und in meinem Ton mäßigen. Leuchtende Augen, die von Träumen sprechen sind die besten Argumente und machen jeden Kritiker zum stummen Zuschauer am Spielfeldrand. 


Ich will mich in mitreißender Leidenschaft suhlen und dabei teure Partykleidchen mit billigstem Rotwein bekleckern. Liebe muss traumhafte Illusionen wecken und einnehmend sein, sie muss mich durchdringen und mich fliegen lassen. Und Sex – Sex darf unanständig und dreckig sein, mich zum Schreien bringen und die Welt um mich vergessen lassen. Ich will knutschen und küssen, meine Füße in den Sand stecken und meinen Kopf in die Wolken. 

Ich hab Realismus satt, der wie ein Anker an meinen Füßen zieht. Ich brauche euphorischen Optimismus, der meine Welt sich drehen und kreiseln lässt, der mich vor Freude zum Quieken bringt und mich vor Aufregung zittern lässt. In meiner Welt gibt es kein Mittelblau, Lachsfarbend oder Minzgrün – alles ist knallbunt, leuchtend und grell. Ein Bonbonladen in dem es immer klebrige Zuckerwatte für Umme gibt. 

Ich will mehr. Ich will Maßlosigkeit. Ich will Schwarz oder Weiß, aber auf keinem Fall Grau. Die Schiffschaukel ist mir nicht genug, ich will die Achterbahn mit Loopings auf LSD.Stürmischen Platzregen, der mich bis auf die Unterwäsche durchnässt und mir den Nacken runterläuft. Ich will das pure Leben fühlen, in seiner vollkommenen Schönheit und unglaublichen Grausamkeit...

 ...jemand rempelt mich an. "Berlin Alexanderplatz. Please mind the gap between platform and train..." 7.30 Uhr. Dienstag. Ich bin auf dem Weg zur Arbeit., aber heute leg ich den roten Lippenstift auf...

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